Nur diejenigen Kunstwerke haben Anspruch auf Dauer, in denen sich die Nation wiederfindet (Wilhelm Raabe).
Ein Teil der rekostruierten oder sich noch in Rekonstruktion befindlichen Bilder von alten Fotos (oft sehr schlechter Qualität) von Opfern der Aktion T4 sind hier zu sehen..
Ernst Lossa
Hier etwa 12 Jahre alt, schaut er aus wie ein Junge der zugleich viel jünger und viel älter wirkt. Zutiefst misstrauisch aber auch vorsichtig hoffend schaut er in die Kamera, „eine Mischung aus Sehnsucht und Kampfeslust, Verlorenheit und Trotz, Pfiffigkeit und Melancholie, Neugier und Angst“ wie der Autor des Buches „Nebel im August“, Robert Domes über ihn schreibt.
Er ist eines der bekanntesten Opfer der Euthanasie
Ernst stammt aus einer Familie von „Jenischen“ (Zigeunern). Er gilt als schwieriges Kind, wird von Nazi-Heim zu Nazi-Heim geschoben, nirgends bekommt man ihn „klein“.
Bald entdeckt Ernst, das hinter der Fassade der Heilanstalt unheimliche Dingen geschehen. Patienten werden fortgebracht, verhungern oder sterben aus mysteriösen Gründen. Ernst versucht das unmenschliche System zu unterwandern. Als Ernst mehrmals in die Vorratskammern der Krankhausküche einbrach und an die hungernden Patienten Lebensmittel verteilte, bestand der Verwaltungsleiter auf seiner Tötung.
Ernst wurde 14 Jahre alt.
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_Lossa
„Verlegt in eine hier nicht bekannte Anstalt“ –
der Vertreter Otto Hampel
Am 30. März 1940 hielt einer der grauen Busse mit gestrichenen Fenstern vor der Heil- und Pflegeanstalt Berlin Buch.
Otto Hampel wurde an diesem Tag nicht in eine „hier nicht bekannte Anstalt verlegt“, sondern an die Aktion T4 ausgeliefert.
Unter dem Vorwand, dass er überraschend in eine andere Anstalt verlegt werden würde, wurde er mit einem der grauen Busse mit gestrichenen Fenstern von Berlin Buch, gemeinsam mit anderen, in die als „Landes-Pflegeanstalt“ getarnte Tötungsanstalt in Brandenburg gebracht.
Dort wurde Otto Hampel noch am selben Tag, unmittelbar nach seiner Ankunft, im Alter von 44 Jahren in einer Gaskammer ermordet.
Quelle Text und Fotovorlage: http://gedenkort-t4.eu/de/vergangenheit/hampel_otto
Mädchen ohne Namen
Sie war eines der Kinder die Aktion T4 zum Opfer fielen. Außer dem Foto ist nichts geblieben. Sie dürfte maximal 6 Jahre alt gewesen sein. Mehr als 90% der Euthanasieopfer sind bisher unbekannt.
Adolf Friedrich Wilhelm Dallmeyer
laufende Rekonstruktion
war der Sohn des Glasers und Malers Johann Heinrich Dallmeyer und seiner Ehefrau, Anne Wilhelmine Louise, geb. Vobbe. Wilhelm Dallmeyer besuchte das Lehrerseminar und war ab 1896 in verschiedenen Volksschulen tätig. In dieser Zeit entstanden seine ersten plattdeutschen Dichtungen. 1906 erkrankte er und wurde am 27. Juni in die Provinzial - Heil- und Pflegeanstalt Osnabrück eingewiesen. Am 15. Juli 1907 wurde er wieder entlassen. Im gleichen Jahr schied er aus dem Schuldienst aus und bekam ein kleines Ruhegehalt. Bis zur erneuten Einweisung am 13. August 1913 lebte Wilhelm Dallmeyer bei seiner Mutter an der Johannismauer 36. Im November 1915 kehrte er wieder nach Hause zurück. Fünf Jahre später musste er erneut psychiatrische Hilfe in Anspruch nehmen. Ab Oktober 1926 übernahm der Bruder, der nun im elterlichen Hause an der Johannismauer wohnte, die Pflegekosten. Wilhelm Dallmeyer war 66 Jahre alt, als er im April 1941 nach Eichberg deportiert wurde. Von dort wurde er Anfang Juni 1941 in die Tötungsanstalt Hadamar 'verlegt' und ermordet. Am 19. Juni 1941 wurde seine Urne auf dem Johannisfriedhof beigesetzt.
Wilhelm Dallmeyer hinterließ ein Werk von Gedichten, Erzählungen, kleinen Theaterstücken und einen Roman, die wahrscheinlich überwiegend zwischen 1907 und 1913 entstanden waren.
Quelle: Eva Berger, Die Würde des Menschen ist unantastbar, Osnabrück. 1999, S.267f.
und: http://www.gedenkort-t4.eu/de/vergangenheit/dallmeyer-wilhelm
Isze Lekschas
Manfred Vogel wurde im Alter von 21 Jahren in der Tötungskammer der „Heil- und Pflegeanstalt“ Bernburg ermordet. Zuvor wohnte er in der Humboldtstraße 41 in Halle/Saale. Quelle: Bundesarchiv
Frieda Tölzing, geboren am 20.November 1903 in Halle, ist klein und zart gebaut. Infolge einer Lungenerkrankung lernt sie etwas später als normal laufen und sprechen und wird auch ein Jahr später als gewöhnlich eingeschult. Die Eltern schildern ihren Charakter als schon immer "ernst und besinnlich". Sie ist eine gute Schülerin und erlernt nach dem Schulabschluss die Damenschneiderei. 1931 heiratet sie in Halle den Schlosser Otto Göhre und schenkt einem Kind das Leben.
Nach dem Tod des Vaters heiratet die Mutter erneut und trägt fortan den Namen Sickert, was später zu fehlerhaften Angaben in den Krankenakten führen wird, wo man Frieda Göhre zeitweise als geb. Sickert bezeichnet.
Im Jahr 1934 verändert sich Friedas Wesen. Sie hört Stimmen, ist erregt und nicht mehr in der Lage, sich selbst und das Kind zu versorgen. Am 3.September 1934 wird sie in die Universitätsnervenklinik Halle eingewiesen und nach kurzem Aufenthalt in der Landesheilanstalt Nietleben im Mai 1935 in die Landesheilanstalt Altscherbitz überwiesen, wo sie die nächsten (und letzten) fünf Jahre ihres Lebens verbringen wird. Diagnose: "Paranoide Schizophrenie mit Erregungszuständen".
Frieda Göhre erhält ruhigstellende Medikamente und muss immer wieder "ins Netz", eine Einrichtung, mit denen Patienten, ihrer Bewegungsfreiheit beraubt, im Bett festgehalten werden - noch heute in Schkeuditz im anstaltseigenen Museum zu besichtigen.
1936 beantragt Friedas Ehemann die Annullierung der Ehe und der behandelnde Abteilungsarzt erstellt für das Landgericht Halle ein Gutachten in der "Eheanfechtungssache". Er kommt zu dem Schluss:
"Die Beklagte besaß die krankhafte Erbmasse bereits bei Eingehung ihrer Ehe mit dem Kläger. Die Nachkommen werden zu einem hohen Hundertsatz die gleiche krankhafte Erbmasse erhalten. Ohne weiteres darf angenommen werden, dass der Kläger diese Frau nicht geheiratet hätte, wenn er ihre Veranlagung und deren Folgen für die Nachkommenschaft gekannt hätte…"
Der gleiche Arzt protokolliert in den folgenden Jahren das wechselhafte Verhalten der Patientin, ihre Reaktionen auf die Besuche von Mutter und ehemaliger Schwiegermutter. Im Januar 1940 notiert er: "Seit Anfang des Jahres zugänglich, freundlich, geordnet und arbeitsam." Frieda fertigt Stickereiarbeiten an. Im Juli 1940 beantragt die Mutter "auf mehrfach persönlich und schriftlich geäußerten Wunsch meiner Tochter" ihr "einen Urlaub zu gewähren". Der Arzt lehnt ab: "Das wechselnde aber überwiegend erregte und verkehrte Verhalten gestattet die Beurlaubung Ihrer Tochter vorläufig noch nicht."
Die Krankenakte endet mit einem Vermerk in anderer Handschift:
"6.12.40. Auf Anordnung in eine unbekannte Anstalt verlegt."
An diesem Tag wird die 37jährige Frieda Göhre nach Bernburg gebracht und in der Tötungskammer der "Heil- und Pflegeanstalt" mit Gas ermordet.
Quelle: Bundesarchiv
u. http://www.gedenkort-t4.eu
Kind ohne Namen